Das Bild, schlimmer wies es nicht sein könnte. Ein gerade geschossener Bock mit Zigarette im Äser, daneben eine militärisch anmutende Waffe und ein nichtmal annähernd lustiger Text.
So fanden es viele Jäger, die ebenfalls auf Facebook unterwegs sind, heute vor. Natürlich geht das Bild sofort durch alle Kanäle, in alle Gruppen, auch zu den Feinden der Jagd, denen das natürlich Wasser auf die Mühlen bedeutet. Ich frage mich schon seit längerem wozu ich eigentlich jeden Morgen, wenn ich meinen FB Account öffne, erstmal mindestens 10-15 Erlegerbilder vorfinde.
Was soll das?
Ich kann die Freude über einen Abschuss nun nachvollziehen, es ist ein unvergleichgliches Gefühl, jedenfalls war es das für mich. Freude, Trauer, Ehrfurcht, Ehrgeiz, und noch einige Gefühle, die in der heutigen Welt keinen Namen mehr haben, treffen sich zu einem Cocktail, der das Herz höher schlagen lässt. Natürlich muss die Gemeinde davon erfahren, das verstehe ich! Ich habe auch sofort meine Jagdgeschichte verfasst, weil es das Medium ist, das mir am meisten zusagt.
Aber ein Bild habe ich nicht gepostet. Nein, wozu? Wem dient es?
Mir, weil ich dann besonders viele "likes" bekomme, die mein Dopaminzentrum noch eine Weile länger auf Kurs halten. Diese morgendlichen Erlegerbilder spiegeln nämlich die jagdliche Wahrheit in Deutschland gar nicht wieder, sie gaukeln den Gegnern eine Realität vor, die es so nicht gibt.
Jäger geht raus, sieht nach 10 min ein Schwein, packt ein und geht heim.
So einfach ist das nicht. Ich sass gestern Abend auch am Mais, versteckt auf einem Dreibein, was habe ich gesehen? Zwei Füchse und Sternschnuppen, vier Sternschnuppen, so viel Zeit, um in den Himmel zu schauen, hatte ich schon lang nicht mehr. Ich hab das Aufgehen der Sterne gesehen, diesen funkelnden Vorhang, der uns umarmt.
Wunderschön!
Sind es nicht diese Momente, an die uns ein Erlegerbild erinnern sollte?
An die Mühe einer Pirsch, an das Herzklopfen vorm Schuss, an das Zittern danach, das ist zusammengefasst in einem oftmals schlechten Bild. Das sehen die Gegner der Jäger nicht und auch der breiten Öffentlichkeit ist das schwer verständlich zu machen.
In diesem Fall, der heute morgen gepostet wurde, stört mich nicht nur das offensichtliche Verstossen gegen die ungeschriebenen Traditionen und Werte der Jagd, die nicht einfach nur tradiert sind, um Jäger zu ärgern. Der letzte Bissen wurde zum Beispiel dafür benutzt, dass in einer Zeit ohne Landis mit Seilzug das Tier nicht in den Rucksack blutete (wenigstens nicht aus dem Äser), so hat es mir mein Prüfer erklärt, der Bruch wurde als Erkennungszeichen für den rechtmässigen Schützen verteilt.
Ja, heute bräuchten wir das nicht mehr, aber manche Dinge gehören einfach dazu, vielleicht waschen sie mit der Zeit aus, aber der gewollte Bruch mit der Zigarette geht mir deutlich zu weit. Vielmehr stört mich der Umgang mit dem Tier. Ich sass sicher 20 Minuten neben "meinem" Bock, wie wenig Mitgefühl und wie wenig Respekt und Verantwortungsgefühl zeigt man gegenüber einem Tier mit dieser Zigarette? In einer Welt, in der wir soziale Kontakte gegen asoziale Netzwerke tauschen, zeigt ein "Jäger", eigentlich der Hüter des Wildes -so er es denn versteht- nicht mehr Mitgefühl mit diesem Tier, als ein Hundebesitzer, der seinen geliebten Hund im überhitzten Auto sterben lässt. Wo sind Mitgefühl und Respekt bei diesem Menschen gelandet? Zu welchen Taten ist jemand fähig, der sich so leichtfertig über das ihm anvertraute Wild lustig macht, die Pietät des Todes missachtet? Wie wenig zählt das Leben eines Tieres -und sei es der geringste Bock- für so eine Person.
Ohne Frage ist dieses Erlegerbild furchtbar, aber ich frage mich trotzdem - können wir unsere Erlebnisse, dazu gehören nunmal auch die Abschüsse, nicht anders präsentieren? Ein schönes Erlegerbild, professionell gemacht, weil man einen Pirschführer hatte und sich ein besonderes Geschenk gemacht hat, warum nicht.
Aber diese "gestern Abend hats wieder gepasst"-Mentalität mit verwackeltem Handybild.. Ach bitte. Das muss nicht sein.