Genug der Selbstbeweihräucherung?!

Bekannterweise möchte ich mit diesen/den nächsten/wenn es passt (aber der Plan wäre schon sehr bald) Hunden Nachsuchenführerin werden. Ich arbeite derzeit hart, aber sehr positiv und mit einem Hoffnungsschimmer, an der Vorbereitung für Freyas Prüfungen. Dabei bin ich an einen Rüdemann geraten, der mich fasziniert. Unglaublicher Typ, er schafft es, dass man sich innerhalb von wenigen Sekunden gut fühlt und das Hundetraining so locker und so unglaublich leicht fällt, er korrigiert an der richtigen Stelle, lobt und straft und ach, ich bin dort sehr glücklich.

Er hat in der letzten Stunde einige sehr wichtige Dinge zum Thema Nachsuche gesagt, die mich sehr beschäftigten. Als eine junge und neue Generation der Jäger müssen wir/ich den Tatsachen ins Auge sehen, haben sich die Jäger einfach jahrelang zu sehr selbstbeweihräuchert? Gerade was das Thema Nachsuchen anbelangt? Wie gesagt, ich bin Jungjägerin, ich bin (noch) keine Nachsuchenführerin, ich habe ein paar Nachsuchen begleitet, ich finde das Thema einfach unglaublich spannend.

 

Trotzdem wurden da gestern Abend einige Themen angesprochen, die ich gern weiterspinnen möchte.

Schauen wir mal auf die typischen Facebook Hundegruppen, dann liest man ab und an: Kranke Sau nach 4 Kilometer Hatz gestellt, Bild vom bayrischen Gebirgsschweisshund und der toten Sau. Darunter 485 mal "Waidmannsheil!" "Tolle Leistung!" "Suchenheil" und so weiter und so fort.

Aber müssen wir das wirklich beglückwünschen?

Wir möchten doch, dass die Tiere so schnell, fachgerecht und schonend  wie möglich gefunden, gebunden und abgetan werden. Vier Kilometer Hatz? Auf ein krankes Tier, ist das denn noch gerechtfertigt? Vier brutale Kilometer, warum muss das so lang gehen? Das Fleisch (für das wir ja nun oft genug jagen) kann man hinterher wegwerfen. Die böse Frage, war der Hund zu langsam? Wenn ich mir ansehe, wie schnell meine Drahthaardame starten kann, dagegen ist ein BGS eine langsame Schnecke. Das schlimmste, was wohl passieren kann, ist ein Treffer im Gebrech der Sau, denn sie bleibt voll mobil und auch der Blutverlust wird sich in Grenzen halten, sie bleibt sehr schnell. Aber ein gut trainierter Hund sollte auch für so etwas keine vier Kilometer brauchen, bis er die Sau gestellt hat.

Ausserdem: ein Hund zur Nachsuche auf Sauen? Geht das wirklich? Wäre es für beide Tiere nicht tierschutzgerechter, wenn ein zweiter, ebenfalls scharfer Hund die Sau mit binden würde?

 

Ich habe selbst erlebt, wie sehr man sich verschätzen kann, wenn man nachts eine Sau beschiesst. Ich war 100% sicher, dass es ein Überläufer war, am Ende war es ein nicht mehr gestreifter Frischling. Geht man nun mit einer falschen Vorstellung an diese Nachsuche heran, weil der Jäger es falsch eingeschätzt hat, dann steht man auf einmal vor 100kg Schwein, das ein Überläufer sein sollte. Und dann? Lassen wir unsere Hunde ins Verderben laufen?

 

Eine schnelle Hatz, ein schneller Tod, das sollte das Ziel einer Nachsuche sein. Sicherlich ist das in der Praxis nicht immer umsetzbar, aber warum setzt man vermehrt langsame Hunde ein, um schwere Nachsuchen zu machen? Warum werden die Spezialisten, wie Hannoverscher Schweisshund und BGS in den Himmel gelobt, obwohl sie auf schnelle Tiere, wie Sau und Reh eigentlich zu langsam sind? Gerade die Vernöchlässigung einer Rehnachsuche finde ich nicht gut, wer tritt denn seine Fährten mit Rehschalen? Ich versuche das immer öfter einzubauen, weil mir auffällt, dass meine Hündin mit diesen am meisten Mühe bekundet, es aber gleichzeitig das Wild ist, das wir am häufigsten antreffen und erlegen können. Schweisshunde werden oft genug auf Rotwildschweiss geprüft, aber entspricht das tatsächlich den Tatsachen, die dann auch im Revier herrschen?

 

Denken wir das ganze mal weiter, ich weiss nicht, wie oft es vorkommt, deshalb rede ich bei allem hier hypothethisch, der Hund hat alle Prüfungen bestanden, VSchwP, etc, erste schwierige Nachsuche mit Hatz und dem Stellen des Tieres. Packt der Hund? Sollten oder müssen Nachsuchenhunde nicht vorgängig auch ihre Härte beweisen und den Willen das Tier niederzuziehen und zu packen? Sicherlich steht das im groben Gegensatz zu dem, was wir heute in unseren weichgespülten Medien lesen und was die Politiker auf Stimmenfang verbieten wollen, denn schon das Apportieren der lebenden Ente wurde ja verboten. Dabei wäre das so wichtig, denn eine lebendige Ente verhält sich ganz anders im Fang, als eine tote. Der Hund muss den Schneid beweisen, dass er sie aufnimmt, obwohl sie quakt und flattert und sie sicher und sauber apportiert. Wir arbeiten mit böse gesagt mit dem Rohmaterial für Lebensmittel. Auch auf der Nachsuche, nach der langen Hatz ist das Fleisch sogar für Hundefutter unbrauchbar.

 

Sollten wir als Hundehalter und Hundeführer nicht mehr differenzieren, was wir brauchen anstatt dem Trend blindlings zu folgen? Als ich anfangs dachte, dass mein Deutsch-Drahthaar in unserem Gebiet völlig unbrauchbar wäre, habe ich viele Dinge nicht beachtet und bin heute froh darum, dass ich einen Vollgebrauchshund habe. Denn sie kann fast alles, ausser einschliefen. In unserem etwas hügeligen Gelände ist sie immer noch sehr gut unterwegs, dafür wäre sie im Gebirge gänzlich überfordert. Dort sind kleinere, leichte, wendigere Hunde viel besser aufgehoben. Wie die Schweisshunde, oder nicht? Es braucht viel Mut ein Tier, das schwer verletzt ist, zu packen und es so lang zu halten, bis der Hundeführer dazustösst und es abfängt.

 

Je länger ich mich mit dem Thema Jagdhunde auseinandersetze, desto öfter fallen mir Ungereimtheiten auf, warum zB gibt es Hundeführer, die ihren Hund mit dem geladenen Teletakt vorstehen lasen (der ohnehin in Deutschland verboten ist)? Wie kommt es, dass ein Setter eine geschossene Gans liegen lässt und trotzdem eine VGP Prüfung bestanden hat? Wie gesagt, ich bin noch keine Prüfung gelaufen, ich stehe in den Kinderschuhen, aber ich habe gerade die grosse Möglichkeit bei jemanden zu lernen, der seine Hunde so unglaublich ruhig und liebevoll, streng und konsequent erzieht, dass ich mir wünsche, es eines Tages vielleicht genau so zu können. Das ist ein fernes Ziel, ich bin noch lang nicht dort. Wenn der Hund gut eingearbeitet ist, dann muss er auf seinem Gebiet zuverlässig sein, sicher eine Prüfung ist ein Anhaltspunkt, aber gerade Nachsuchen... Müsste es dort nicht strenger reguliert werden? Jeder Hinz und Kunz führt ja heute seinen Fiffi "auf Schweiss", so im heimischen Revier, halt mal auf ne Nachsuche. Das macht mega viel Spass, ich mache das auch. Ich finde das völlig irre! Die Nasenleistung des Hundes gibt das sowieso allemal her und mit etwas Übung und Vorbereitung noch viel mehr sogar, aber ist bei der Nachsuche, wie auch im Apport nicht das Ende die ausschlaggebende Sache? Sauberer Apport, durchgearbeitet, heisst eben nicht, dass mir Bello am Ende die Ente vor die Füsse rotzt. Genauso muss der Hunde am Ende der Suche den Willen haben loszusprinten und das Tier zu packen und wenigstens zu halten oder abzutun. Dabei muss es egal sein, ob es ein Fuchs, eine Ente oder ein Fasan ist. Alles wird anständig apportiert, alles wird anständig gehalten.

 

Sollten wir nicht den Tatsachen ins Auge sehen und uns damit auseinandersetzen, dass wir uns manchmal selbst belügen? Sind manche Dinge, die wir auf Facebook lesen gar nicht so heroisch, wie wir meinen, sondern sind es einfach Selbstbeweihräucherungen, die schlussendlich gar nicht so gut waren? Müssten wir uns nicht alle etwas mehr an der Nase nehmen und uns gut überlegen, für was und für was wir unseren Hund eben nicht einsetzen?

 

Fragen über Fragen.... Ich hoffe, dass ich im Laufe eines langen Jägerlebens die ein oder andere beantworten kann.