Nachtansitz Montag 25.01

Am Abend wollte ich meinen Ansitz vom Morgen weiterführen und machte mich kurz nach 21.00 Uhr auf den Weg ins Revier. Irgendwie dachte ich mir, dass die Wildschweine heute unterwegs sein müssten.

Der Boden war nicht mehr gefroren, die Temperaturen mit um die 5° Celsius sehr angenehm, die Schneedecke bis auf einige wenige Stellen weggeschmolzen. Der Mond schien bereits hell...

Wie üblich, wenn ich auf der Jagd bin, war der Kofferraum des Subaru Forester für alle Fälle gut gefüllt. Dabei habe ich eine Plastik-Wildwanne und eine faltbare Wildwanne. Dann noch einen Kanister mit 20 Liter Wasser, einen Kessel mit Aufbruch-Schere, einen Waidlochauslöser, mehrere Einweg-Plastikhandschuhe, einen Beutel für die Leber, eine Absaugspritze und zwei Plastikflaschen für Schweiss. Dann noch eine Kiste zur ständigen Aufbewahrung von diversen Jagdutensilien wie Gehörschutz, Handschuhe, Jagdgürtel, Lampen, Mütze etc., zudem einen Sitz-Rucksack mit Zweitmesser, Wildgalgen plus Flaschenzug, Getränk, Stirnlampe, Signalhorn, Heft mit Stift sowie nochmals einige Einweg-Plastikhandschuhe. Bei schlechten Wetter liegt auch noch eine Ersatzjacke bereit.

Ziemlich viel würde man meinen, aber ich glaube, die Liste ist noch nicht einmal abschliessend, geschweige denn ausreichend!

Ich finde einfach, dass diese Dinge zur Jagdausübung dazugehören. Wie häufig habe ich schon erlebt, dass ein Jäger zum Beispiel auf der Herbstjagd ein Wildtier erlegt, zum Auto kommt und feststellt, dass er nichts hat zum Unterlegen oder zum Auffangen des Schweisses. Dann hat er vielleicht nicht mal ein anständig scharfes Messer dabei, kein Wasser zum Auswaschen der Körperhöhle des Wildes oder für die Hände nach dem Aufbrechen und schliesslich keinen Beutel für Herz, Leber und Nieren. Auch ist es mir schon einige Male vorgekommen, dass ich unterwegs dieses oder jenes vermisst oder benötigt hätte. Kurz darauf habe ich jeweils die Ausrüstung ergänzt und erweitert. Aber das jetzt mal nur als kleiner Einschub.

Im Revier verweilte ich an einer Stelle mit einem guten Überblick und spiegelte langsam die Gegend ab. Ich sah einen Sprung Rehe und zwei sich jagende Füchse. Nach einiger Zeit bemerkte ich vier dunkle Punkte an einem Waldrand... Wildschweine! Zwei starke Tiere und zwei schwächere. Nur anpirschen ging gerade nicht, weil ich dann in den Wind geraten wäre, der genau in ihre Richtung blies. Also wartete ich zunächst ab und beobachtete ihr Verhalten.

Es war kurz vor 22.00 Uhr, da vibrierte auf einmal mein Handy! Mensch, ich erschrecke jedes Mal, wenn mir das draussen passiert...

Dran war ein Jagdkamerad, der mir berichtete, er habe gerade ein Wildschwein erlegt... Waidmannsheil!!!

Er bräuchte Hilfe, weil es ein starkes Stück gewesen sei und die Lage abschüssig. 

Hilfe? Immer gerne, aber gerade sehe ich selber vier Wildschweine!

Gut, meint er, er frage noch schnell jemand anderes...

So verblieben, beobachtete ich weitere 10 Minuten die Wildschweine, die alsdann aber wieder zurück in den Wald zogen. Ich nahm das Handy hervor und rief dem Jagdkameraden zurück. Wir vereinbarten einen Treffpunkt, da noch eine dritte Person dazu kommen würde, um beim Bergen zu helfen.

Nach der kurzen Besammlung fuhren wir gemeinsam zum Ort des Geschehens. Ich nahm den Wildgalgen mit, der sich auch zum Bergen sehr gut eignet. Den Galgen machte ich am Wurf des Keilers fest und zu dritt zogen wir den starken Keiler den Hang hoch zu den wartenden Fahrzeugen. Wir beschlossen, den Keiler gleich vor Ort mit Hilfe meines Wildgalgens und dem zugehörigen Flaschenzuges aufzubrechen. Zwei Fahrzeuge stellten wir so, dass wir in deren Schweinwerfer-Licht mit Unterstützung unserer Stirnlampen arbeiten konnten.

Wer das noch nicht erlebt hat, hat keine Vorstellung davon wie so ein Wildschwein riechen kann! Auch für mich war ein so stark riechender Keiler ein Novum.

In der Wartezeit bis zu unserem Eintreffen hat der Schütze beim Keiler bereits vorsorglich die Klötze entfernt. So werden die Hoden beim männlichen Schwarzwild genannt.

Nun bereiten wir das Aufbrechen vor. Ich holte meinen Eimern mit den Aufbrechutensilien und legte alles bereit. Die Schlinge des Wildgalgens wurde um einen Baum geworfen und der Flaschenzug daran festgemacht.  Am Wildgalgen wurde die Hinterläufe des Wildschweines festgemacht und das Wildtier hochgezogen. Das Seil wurde am Auto zur Sicherung festgebunden.

Ich übernahm das Aufbrechen des Wildschweines und begann nach dem Anziehen der Plastik-Handschuhe mit einem Schnitt knapp oberhalb des Bauchraumes im Bereich des Solar plexus. Dieser Schnitt ging zunächst nicht tief, sondern öffnete nur die Schwarte um den Weg für die Schere später vorzuzeichnen und deren Schnitt-führung zu erleichtern.  Weiter führte ich die Klinge runter bis zum Kiefer und legte Schlund und Luftröhre schon mal frei. Mit dem Eimer fing ich austretenden Schweiss auf, das ich für zukünftige Schweissfährten für meine Hündin nutzen wollte.

Dann schärfte ich das Geschlechtsteil des Keilers ab, die Klötze waren ja schon weg. Anschliessend folgte das Ringeln und somit das Freilegen des Enddarmes. Schliesslich schärfte ich vorsichtig die Bauchdecke bis zum Rippenbogen auf und konnte dann ohne Probleme mit der Schere den Brustraum bis zum Hals eröffnen. Das Gescheide wurde währenddessen immer noch vom Bindegewebe an der Wirbelsäule festgehalten. Mit vor-sichtigen Schnitten schärfte ich das Bindegewebe langsam ab, so dass das Gescheide mit Hilfe der Schwer-kraft ohne weiteres nach vorne und nach unten gezogen werden konnte. Resultat war ein wirklich sauberer Körperraum, den man nicht einmal mehr hätte auswaschen müssen.

Ich löste die Leber von den Innereien ab und entfernte vorsichtig die Gallenblase. Die Leber kam dann in einen Plastikbeutel für den Erleger. Das übrige Gescheide wurde im Wald entsorgt und mit Ästen abgedeckt.

Bevor wir die Wildsau in den Kühler verbrachten und wogen, fuhren wir kurz bei mir vorbei und wuschen das Fell und anschliessend das Körperinnere mit dem Gartenschlauch. Unglaublich, was da an Schlamm und Erde in der Schwarte drin steckt...

Der Keiler brachte schliesslich stolze 55 Kilogramm auf die Waage und wurde kurz vor Mitternacht in den Kühler gehängt.

Der glückliche Jagdkamerad lud uns daraufhin als Dank für unsere Hilfe und um auf den prächtigen Keiler anstossen zu können, auf einen Williams in die Wirtsstube ein. Die Wirtsleute wollten eigentlich in fünf Minuten Feierabend machen, setzten sich dann aber zu uns und genehmigten sich ebenfalls einen Schluck.

Nach dem gemütlichen Umtrunk und dem anschliessenden Verräumen und Säubern der Ausrüstung kam ich schliesslich gegen 1.00 Uhr in der Früh ins Bett.

Hmm, so langsam brauche ich eine Erholungspause... die Nächte sind gerade allzu kurz!

Waidmannsheil, der Waldläufer

  

PS: zur Beschreibung des Aufbrechens hätte ich auch nur folgendes Video zeigen können... wird da gut gezeigt.