Nino, schade, dass du krank warst!
Das hätte dir sicherlich gefallen... wenn du die Geschichte liest, wirst du dir die Haare raufen!
Doch ich greife vor...
Es gibt ja immer wieder Personen, die, selber (noch) keine Jäger, gerne mal mit einem Waidmann unterwegs wären um dessen Erlebnisse mal selbst miterleben zu können.
Gleich zwei davon habe ich an der letzten Drückjagd auf eine kurze Runde mitgenommen:
Zum einen den Nino, ein junger Bursche von 16 Jahren, dessen Onkel Jäger ist und bei uns als Jagdgast mitwirkt. Er ist ein aufgeweckter, fröhlicher Bursche - der nicht auf den Mund gefallen ist - und sehr gerne als Treiber, wenn er denn darf, bei uns auf den Drückjagden mitmacht! Wenn er seine bisherige Faszination an der Jagd beibehält, wird er sicherlich ein passionierter Jäger werden...
Und zum anderen der Karli, er ist pensioniert und unser Suppen- und Feuermeister! Er nimmt in seiner wichtigen Funktion an jeder Drückjagd teil und hilft auch sonst bei jeder Gelegenheit mit. Auch er ist von der Jagd fasziniert, möchte aber altershalber kein eigentlicher Jäger mehr werden. Doch mitkommen möchte er sehr gerne!
Mich an mein Versprechen haltend, sie ab und zu auf Sauenpirsch mitzunehmen, habe ich zunächst den Nino per WhatsApp kontaktiert... doch wie erwähnt, sagte er mir krankheitshalber ab. Ein anderes Mal gerne...
Nun denn, dann kam halt der Karli zum Zuge, der mit Freuden mitkam.
Kurz bevor ich ihn um halb neun abholte und ihm meine Pläne mitteilte - eine kurze Runde mit verschiedenen Beobachtungsposten hatte ich mir vorgestellt - erhielt ich noch eine SMS vom Jagdkameraden X, dass er ebenfalls kurz auf Sauen-Ansitz draussen sei. Sehr gut!
Kaum im Dorf änderte ich jedoch spontan meine Pläne... auf einem Hügel hatten wir zusammen um die etwa gleiche Zeit Anblick auf Sauen, also lass uns dahin gehen!
Und man lernt aus Fehlern... diesmal liess ich den Wagen ein paar hundert Meter vor der Wiese stehen und wir liefen langsam zu Fuss hin. Natürlich alle paar Schritte anhaltend und die Umgebung mit der Wärmebild-Kamera absuchend. Am gewünschten Platz angekommen, hatte ich nach links eine guten Blick in einen Graben und den darüber liegenden, leicht bewaldeten Hang unterhalb der Hügelkuppe, die auf der anderen Seite in ein langgezogenes Tälchen runter ging. Nach rechts blickte ich auf eine längliche Wiese. Am letzten Samstag hatte ich oberhalb dieser Wiese den erwähnten Anblick auf Sauen, die auf den Hügel in den Wald und somit auch in das Nachbarrevier gezogen sind.
Wir waren keine zwei Minuten dort, als plötzlich links aus dem Graben einzelne Sauen hochzogen... in einer langgezogenen Kette zählte ich schliesslich elf Sauen! Ich zeigte sie dem Karli und besprach leise mit ihm das weitere Vorgehen... ich vermutete, dass die Sauen unterhalb der Hügelkuppe auf das Feld austreten würden. Da der Wind aus ihrer Richtung zu uns her blies, wollte ich ihnen entgegen pirschen und sie dort erwarten. So lange sollte er hier zurückbleiben.
Also lief ich langsam und immer wieder mit der Kamera sichernd über die Wiese auf den Waldrand zu... bis auf etwa 60 Meter wollte ich herankommen, die Sauen austreten lassen und so auf passende Distanz ein Wildschwein erlegen. Langsam und vertraut sah ich die Sauen am Waldrand hochziehen... der Puls stieg, das Adrenalin pumpte...
Noch 200 Meter weg und da bimmelt doch mein Handy!! SMS von X. ... Scheisse, ich hätte vorher den Ton abschalten sollen!
Ich war wohl noch etwa 100 Meter vom Waldrand entfernt, als mir der Wind auf einmal in den Nacken blies... "Verflixt!", dachte ich: "der Wind wird doch wohl nicht drehen?"
Leider tat er das!
Mit voller Kraft blies er nun aus meiner Richtung zu den Sauen hin...
Ich änderte meine Richtung und lief mehr nach rechts, um meine wohlschmeckenden Duftpartikel an den Wildschweinen vorbei zu schleusen, aber es war bereits zu spät! Schon blies die Bache leise und lief im schnellen Trott auf die Kuppe zu.
Fünf Tiere folgten ihr schnell... die anderen sechs relativ langsam. Mensch, wenn es nur hell wäre!
Da waren sie auch schon alle über die Hügelkuppe weg...
...und mein Telefon bimmelt schon wieder... Erinnerungsmeldung wegen SMS! Meine Güte!! Drecksding...
Ich rufe den X. an und teile ihm das Geschehene mit...
Uups, er hatte mit mir eigentlich nur noch einen Kaffee trinken wollen...
Wir vermuteten, dass die Sauen in das Tal runter wollen und vereinbaren neue Posten für uns beide. Er rechts von einem Graben, ich links davon. Macht Sinn zu wissen, wo wir beiden stehen, damit wir uns nicht gegenseitig gefährden!
Also schnell zurück zum wartenden Karli, zurück zum Auto rennen, Karli abholen und rüber zum neuen Ansitzpunkt fahren.
Zehn Minuten später erhalte ich einen Anruf von X. ... er sei da und läuft den Hang hoch. Jou, habe dich schon gesehen... er ist oben und ruft nochmals an... der Wind sei schlecht, er wechselt auch auf die linke Seite des Grabens und geht auf einen Hochsitz... ich verschiebe ebenfalls weiter nach links und stehe nun auf einem kleinen Hügel, wo ich einen wunderbaren Blick über das gesamte Gelände habe.
Der Karli ist beim Wagen geblieben und versucht mit seinem Nachtsichtgeräte von ALDI im Dunkeln etwas zu erkennen. Bis etwa 50 Meter geht das recht ordentlich.
X. sitzt nun oben und ruft mich wieder an... leise teilt er mir mit: "Ich kann sie hören, sie kommen!"
Ein Auto fährt die Strasse hoch... und nochmals ruft er mich an...
ob ich in den Wald geleuchtet hätte? Die Sauen seien raus und wegen des Lichtes gleich wieder rein!
Nee, habe ich nicht... warte bis das Auto vorbei ist, dann kommen sie wieder!
Fünf Minuten vergehen... da blitzt es plötzlich hell auf und ein Knall zerreisst die Stille der Nacht.
Das Licht einer Lampe streift weit über mir über das Feld zum Waldrand hin...
Mit meiner Wärmebild-Kamera beobachte ich weiter den über mir liegenden bewaldeten Hang.
Da sehe ich die Wildschweine, wie sie am Waldrand nach links ziehen... schwierig zu zählen... drei, vier... neun?
Nur neun, wo bleibt das zehnte Wildschwein - wenn das Elfte liegt, dann müssten jetzt zehn kommen!?
Jetzt sehe ich das zehnte Stück! Sehr langsam folgt es den anderen, die sicher schon 500 Meter Vorsprung haben... es bleibt immer wieder stehen, läuft langsam weiter... Oje, der Schuss hat wohl noch ein zweites Tier getroffen?
Wieder das Telefon... Sau liegt!
Waidmannsheil!
Während ich weiter durch die Wärmebild-Kamera die Wildschweine beobachte, erkläre ich ihm meine Befürchtung, dass wohl eine Sau krank ist... er soll am Waldrand nach links gehen, denn die Wildschweine scheinen weiter links wieder aus dem Wald austreten und den Hang runterkommen zu wollen.
Auch ich verschiebe jetzt über die Felder schnell nach links, denn die Wildschweine sind aus dem Wald raus und ziehen langsam den Hang runter. Von rechts sehe ich X. den Wildschweinen folgen... Mein Puls jagt nun ebenfalls...
Die Sauen werden von einem Zaun aufgehalten, bleiben stehen, rotten sich zusammen... die Leitbache scheint die Umgebung zu sondieren... schaut in Richtung Andy... trotzdem laufen die Sauen nach rechts!!
Ich möchte den Kameraden warnen, aber da kommt er auch schon...
Die Leitbache hat ihn entdeckt!
Und ab geht die Rotte in direkter Linie zum Wald hoch... das Licht auf dem Gewehr geht an... folgt der Rotte... aber es bleibt still... "Es war zu unsicher!" meint X. später zu recht.
Als die Sauen zum Wald flüchteten, habe ich begonnen den Hang zu erklimmen...
eine schweisstreibende Sache ist das!
Die Rotte ist weg, jedoch sehe ich bei einem Tannenbaum noch einen hellen Punkt liegen...
ist es das eventuell kranke Wildschwein? Liegt es?
Wir schauen beide durch die Kamera und versuchen das Bild zu beurteilen... es gibt nur eines:
einer muss hoch und nachschauen!
X. zieht das kurze Streichholz und muss demnach hoch...(nee, ist ein Scherz, er geht natürlich freiwillig)
Während er den steilen Hang hoch klettert, behalte ich den Punkt im Auge. Vorsichtig nähert er sich im gleissenden Licht seiner Lampe der Tanne... und da erhebt sich das Tier und geht schräg nach oben rechts weg. Also stoppen wir die Aktion, weil alles andere keinen Sinn macht und zu gefährlich wäre.
Wir bergen das erlegte Wildschwein und fahren für das Aufbrechen zum Jäger mit der Kühlkammer. Dieser ist, als wir kurz vor Mitternacht ankommen, noch wach und so erledigen wir die Arbeiten zu viert. Von Y. erhalten wir noch eine leckeren Likör - was anderes hatte er nicht - zum Anstoßen auf X.'s Waidmannsheil!
Ein Wermutstropfen wegen dem wohl verletzten Wildschwein bleibt...
Für den Freitag vereinbaren wir eine Nachsuche und einige Jäger zur Unterstützung um das Gebiet abzustellen. Ich selber laufe mit dem Schweisshundeführer mit... wir finden auch zwei Wundbette, jedoch nur mit einigen wenigen Tropfen Schweiss. Nach einer gefühlten Ewigkeit hört der Schweisshund auf zu suchen... und der Hundeführer muss aufgeben.
Falls sich das Wildschwein noch im Gebiet aufhält, hoffen wir nun, es mittels der Drückjagd am Samstag in eben diesem Gebiet erlösen zu können...
Aus einer geplanten kurzen Runde im Revier ist also eine riesige Sache geworden, die noch Folgen für den Freitag und Samstag hatte...
wenigstens hatten wir wegen der Wärmebildkamera überhaupt ein Wildschwein erlegen können und wegen ihr mitgekriegt, dass eine zweite Sau verletzt wurde... ohne sie wären wir einfach nur über die Erlegung der Wildsau in toller Teamarbeit glücklich gewesen.
Nino, das nächste Mal bist du dann dabei!!
Waidmannsheil, ein Waldläufer