Wie kannst du nur Tiere töten?!

Alica wurde von einer Vegetarierin für ihren Blog "www.entfaltungsblog.com" zur Jagd interviewt...!!

 

Ein sehr spannender Dialog, den wir im folgenden so wiedergeben wollen, wie er auch auf dem Blog zu lesen ist. Viel Spass dabei!

(Natürlich sind alle Kommentare oder Anmerkungen willkommen!)

Alica ist Jägerin und liebt die Jagd. Für mich, die von Kindeitsbeinen an vegetarisch isst, und seit einigen Jahren überwiegend pflanzlich, schwer vorstellbar. Ich bin ihr sehr dankbar für den persönlichen Einblick, den sie mir gewährt hat. 
Leider gehen nicht alle Jäger*innen so achtsam mit ihrer Verantwortung um wie Alica, es gibt auch verrohte Vertreter. 

Aber auch so kann Jagd aussehen.

Alica, du bist als Kind von Jägern aufgewachsen und hast nun begonnen, auch selbst zu jagen. Wenn du totes Tier isst, dann nur, was von euch selbst erlegt wurde, und ihr verwertet das ganze Tier. Deine Milch beziehst du von dem Hof, auf dem du lebst. Die Kühe sind fast ganzjährig auf der Weide, und werden vom Stier begattet. Die Hühner laufen frei herum.

Wie kommt dieser Lebensstil an?

Viele Leute finden das super, also ich kenne eigentlich niemanden, der mir das ankreidet. Jedenfalls niemand, der in meinem direkten Umfeld mit mir als Person zu tun hat. Wenn ich das im Netz schreibe, dann kommen sofort tausend erfundene Anschuldigungen, die nichts mit mir und meinem Leben gemein haben. Wenn ich sage, dass ich es völlig widersinnig finde die Nutztierhaltung komplett abzuschaffen, weil Nutztiere, wie Kühe, Schafe, Ziegen, aber auch Hühner auch ein wichtiger und sehr nützlicher Faktor sein können, unter anderem bei der Alpbewirtschaftung, dann wird das komplett abgesprochen.

Aber jeder Mensch, der gern die Alpen nutzt, sieht auch dort eine Landschaft, die von Menschenhand erschaffen wurde.

Die durch Menschen oder eben Tiere gepflegt werden muss, um z.B. Verbuschung vorzubeugen.
Allgemein würde ich sagen, dass Menschen, die mir persönlich begegnen, sehr wohl verstehen, warum ich lebe, wie ich lebe. Und meist auch ziemlich gern unsere hofeigene Milch trinken, oder ein Stück Wildschweinschinken essen.

In einer Gruppe wurde dir Lust am Töten vorgeworfen, wie ist das für dich, was sagst du dazu?

Mich ärgern diese Anschuldigungen sehr.
Ja, ich töte ein Tier mit meiner Waffe. Manchmal sogar mit dem Messer, wenn ich es abfangen muss, was meist nach Autounfällen passiert.

Das, was da mit einem passiert, kann ich nicht beschreiben, aber es ist eindeutig keine „Lust“ oder ein Machtgefühl.

Bei Rehen bin ich immer traurig, wenn ich eines erlegen musste, ich mache das bei dieser Tierart gar nicht gerne.
Rehe sind sehr putzige Tiere. Ich schieße nur, wenn ich weiß, dass ich dem Tier damit größeres Leid erspare. Wenn etwa ein Reh sehr oft eine Straße kreuzt. Dafür muss ich aber erst mal Zeit investieren, um das herauszufinden und zu beobachten.
In dieser Zeit nehme ich die Waffe zwar mit, schieße aber nicht, bis ich mir ganz sicher bin, dass ich das passende Individuum ganz korrekt angesprochen, also begutachtet habe.
Mir wird ja oft „Mord“ vorgeworfen. Morde passieren nach dem Gesetz nur aus niederem Beweggründen, das ist bei Jagd nicht so.

Als Jägerin habe ich das Recht und die Pflicht Arten- und Tierschutz zu betreiben.

Das Beispiel mit dem Reh ist klarer Tierschutz.
Artenschutz hat eine andere Komponente, nämlich den Erhalt von Arten. Die Jagd in ihrer heutigen Form mit den heutigen Gesetzen bedroht keine Tierarten mehr. Sie ist eher ein Mittel geworden, um in unserer Kulturlandschaft Arten eine Chance zu geben, die sonst keine hätten.

Fuchsjagd wird ja weitgehend angeprangert, aber ich stehe dazu.

Wir bejagen Füchse scharf, das heißt, dass jeder Fuchs, der mir außerhalb seiner Schonzeit vor die Büchse läuft, geschossen wird. Das ist im ersten Moment hart, allerdings können wir in unserem Revier dafür einen extrem hohen Hasenbesatz vorweisen, sowie viele Fasane und sogar Rebhühner. Und das in einem Revier, das eigentlich sehr ungünstig ist. Nämlich eine Landwirtschaftswüste.
Unser Revier besteht zu 90% aus Feldern und Wiesen, die bebaut, oder sonst genutzt werden, nur 10% sind Wald und der auch nur an den Rändern.
Daher hat auch die Fuchsjagd wenig mit Lust am Töten zu tun.

Es ist eine Maßnahme, um Arten vor ihren Fressfeinden zu schützen.

Wir Jäger sagen dazu „Schöner Wohnen kommt nach nicht gefressen werden“.
Den Bestand der Füchse gefährden wir mit dieser Art der Bejagung nicht. Die Fuchsstrecke, also die Anzahl der gejagten Füchse, bleibt seit Jahren im Landkreis gleich. Das wird auf den sogenannten Hegeschauen festgestellt. Wir versuchen mit dieser künstlichen Einflussnahme lediglich, Verlierer-Arten unserer heutigen Landwirtschaft zu helfen.

Welchen Wert hat deine Tätigkeit als Jägerin deiner Meinung nach?

Das finde ich schwierig zu beantworten, nach was bemisst sich Wert? Wert für das Wild in unserem Revier?
Ich denke, dass ich dort einen Mehrwert schaffe, weil wir unter anderem Wildäcker säen. Das sind Äsungsflächen für das Wild, wo aber auch Wildblumen, und Nahrung für Insekten zu finden sind, sowie Schutz und Rückzugsraum für größere Tierarten.

Diese Flächen bejagen wir nicht.

Wir wissen meist, welche Flächen von den Bauern brach liegen gelassen werden. Dort versuchen wir, den Dialog zu finden und solche Flächen nutzbar zu machen, anstatt sie brach liegen zu lassen.
Dann habe ich es in der letzten Frage schon angesprochen, ich versuche einen Mehrwert für die Verlierer-Arten zu generieren. Bei uns im Revier findet das im Kleinen statt, es gibt allerdings auch große Projekte. Zum Beispiel die Wiederansiedelung der Großtrappe in Ostdeutschland, wo die Jägerschaft sich sehr einsetzt.

Solche Projekte werden von unseren Gegnern gerne als «nette Scherze» abgetan.

Wieviel Arbeit hinter dem Ansäen eines Wildackers steckt, wissen sie aber meist nicht. Dazu kommt das Anlegen von Heckenstreifen oder die Aufwertung von Brachgehölzen durch Hecken, sowie deren Pflege.

Auch Entmüllungsaktionen führen wir durch. Nahe der Autobahn ist da immer viel zu tun.

Irgendwie gibt es immer was zu tun im Revier.
Außerdem ernähren wir uns nur von dem, was wir selbst erlegen.

Ich bin also ein Industriefleischesser auf dieser Welt weniger.

Das ist nicht sehr viel, aber jeder Weg beginnt ja mit dem ersten Schritt.
Wir generieren als Hundeführer sicherlich auch einen Mehrwert daraus, dass wir unsere drei Hunde jagdlich führen und sie z.B. bei Nachsuchen zum Einsatz kommen, wo wir Menschen heillos verloren wären.

(Nachsuche wird es genannt, wenn ein verletztes Tier mit Hunden gesucht wird.)

Hunde sind ein sehr wichtiger Teil der Jagd und ihre Ausbildung dauert lang und ist kostspielig.

Ich rechne für einen Nachwuchs bei meiner deutschen Drahthaarhündin mit etwa zwei bis drei Jahren, bis dieser Hund damit anfangen kann, jagdlich in ihre Fussstapfen zu treten. Natürlich kommt er auch davor schon einmal mit zur Jagd und darf die Luft der großen weiten Welt schnuppern, aber von Jagdhunden wird absoluter Gehorsam verlangt. Gegner werfen uns paradoxerweise gern vor, wir hätten blutrünstige Bestien an der Leine. Auch die gut ausgebildeten Hunde sind also sicherlich ein Wert, den wir Jäger zu bieten haben.
Ich könnte jetzt hier weiter ausführen, dass zB Fallwild, also tote Tiere, durch Autounfälle, etc durch Jäger entsorgt werden, dass es praktisch immer Falkner (alle Falkner müssen in Deutschland einen Jagdschein haben) sind, die verletzte Greife auf eigene Rechnung wieder päppeln, dass wir Unfälle nachsuchen, etc. Ich versuche also das, was ich der Natur entnehme, auch zurückzugeben.

Wie hat sich deine Beziehung zum Verzehr von totem Tier verändert, seit du die Tiere selbst erlegst?

Ich esse sehr viel bewusster Fleisch und habe auch deutlich in der Menge reduziert. Es ist schon eine andere Hausnummer, wenn man ein Tier selbst getötet hat, es selbst versorgt hat, zum Metzger gebracht hat, als wenn man es einfach im Supermarkt gekauft hat.
Ich weiß, woher mein Fleisch stammt, ich weiß aber auch, wie viel Zeit es gebraucht hat, überhaupt an das Tier zu kommen, es zu erlegen, es zu bergen, und so weiter. Ich denke mehr darüber nach. Früher war es normal, halt eben zum Mittag noch ein paar Hähnchenfiletstreifen mitzunehmen.

Wenn man mal selbst eine Ente erlegt hat und weiß, wie viel vom Tier so ein paar Filetstreifen ausmachen, überlegt man sich das.

Außerdem mag ich den Geschmack von Industriefleisch nicht mehr.

Wie hat das regelmäßige Töten von Tieren deine Beziehung zum Tod beeinflusst?

Das ist leicht zu beantworten. Ich habe daraus gelernt, wie endlich das Leben ist und wie sehr man es genießen sollte.

Früher hatte ich unendlich Angst vorm Tod, dieser Endlichkeit des Seins. Heute ist das anders.

Ich versuche jeden Tag so zu leben, als könnte es mein letzter Tag auf dieser schönen Erde sein.
Manchmal gelingt es mir gut, manchmal nicht, aber der Tod macht mir nicht mehr so viel Angst. Allerdings habe ich auch viel mehr Spaß am Leben gefunden, eben weil ich versuche aus jedem Tag das beste herauszuholen.
Von daher sind Wildtiere ein sehr gutes Beispiel, sie denken nicht an Morgen, sie leben im Jetzt.

Gibt es beim Töten deiner Meinung nach ein „Falsch“ und „Richtig“?

Wenn ich ein führendes Tier erlege, also eine Mutter, die mit ihren Jungen unterwegs ist, dann ist das eindeutig (auch nach dem Gesetz) falsch. Besonders aber in meiner ureigenen Ethik wäre es falsch, so etwas möchte ich unter allen Umständen vermeiden und schieße dann auch nicht, wenn ich unsicher bin. Mir ist das zum Glück noch nie passiert. Ich denke, dass das auch daher rührt, dass ich eine eher umsichtige Jägerin bin.
Töten würde für mich dann falsch werden, wenn ich Gefallen daran finden würde, denn sobald es leicht oder einfach wird, sollte man mit der Jagd aufhören, denn dann wird man leichtsinnig und verliert den Draht zu sich selbst.

Ich möchte jeden Schuss, den ich auf ein Tier abgebe, ethisch und moralisch vor mir vertreten können.

Richtig ist töten in meinem Kopf aber auch nie, weil ich einem Tier das Leben nehme und das in vollem Bewusstsein. Obwohl ich vom Kopf her weiß, dass ich das Richtige tue, aus den bereits angeführten Gründen, habe ich, bis ich dann wirklich den Schuss abgebe, ein flaues Gefühl im Magen. Das hält meist an, bis das Jagdfieber einsetzt.

Sobald ich weiß, dass ich das Tier tödlich getroffen habe, spielt sich ein sehr schräger Cocktail ab.

Von Entsetzen, Stolz, Ehrfurcht, Angst, Trauer, und so vielen Gefühlen, deren Namen ich nicht kenne und die ich erst auf der Jagd kennengelernt habe.
Ich bin traurig, weil das Tier gestorben ist, stolz, weil ich wieder Fleisch auf dem Teller habe, ehrfürchtig, weil es ein Teil einer Schöpfung ist (und ich bin überhaupt kein religiöser Mensch, aber ich bin jedes Mal von Neuem fasziniert, wie perfekt die Erde mit ihren Bewohnern ein Wechselspiel eingeht).
Es ist schwer zu beschreiben. Interessanterweise erleben sogar Gäste, die einmal mit zur Jagd kommen möchten, auch dieses Jagdfieber, wenn sie tatsächlich dabei sind, während ein Schuss fällt.

Wie kannst du es mit dir vereinbaren, fühlenden Wesen das Leben zu nehmen?

Ich muss es in meinem Kopf mit mir vereinbaren und ich kann das auch nicht jeden Tag gleich gut. Als ich meinen Jagdschein gemacht habe, hatte ich in meinem damaligen Revier einen braven Bock frei (also einen gut veranlagten, schon etwas älteren Bock, der sich bereits genug fortgepflanzt hatte). Ich war viel draußen und war viel im Wald, habe hin und wieder Böcke gesehen, wo es mit meinem Gefühl einfach nicht zusammengepasst hat.

Also habe ich lange einfach nur geschaut.

Das mache ich heute auch noch so, es muss alles passen, erst dann schieße ich. Sonst habe ich überhaupt kein Problem damit, dass meine Waffe in der Ecke steht und ich einfach beobachte. Ein paar Stunden mit sich allein, ohne Handy (zu viel Ablenkung) und mit maximal meinem eReader auf dem Sitz zu sitzen, erdet ungemein.
Man kann vieles fertig denken und manchmal kommt man im Laufe eines Ansitzes zum Schluss, dass heute nicht der Tag ist. Und dann kommt wieder der Tag, alles passt, das Bauchgefühl ist gut, und dann fällt der Schuss.
Wenn ich ein Tier erlegt habe, geht das nicht spurlos an mir vorbei. Ich liebe Tiere, aber ich kann es auch mit mir vereinbaren, sie zu töten.
Mal mehr und mal weniger. Aber einfach ist es nicht und soll es nicht werden.

Hat deine Nähe zum Tod deine religiöse Weltanschauung irgendwie beeinflusst?

Ich habe nie an Gott geglaubt und tue es auch heute nicht. Aber ich glaube daran, dass es etwas gibt, das uns schützt, über uns wacht. Die Nähe zum Tod hat das nicht verändert, denn ich bin ja auch sehr nah am Leben dran, wenn man bedenkt, dass ich im letzten Jahr die Geburt eines Zwillingsrehpärchens gesehen habe. Gerade jetzt, wo der Frühling beginnt, sprüht alles vor Leben.

Es ist Schonzeit und trotzdem sitze ich Stundenlang draußen. Es ist irre zuzusehen, wie alles erwacht und seinen vorbestimmten Gang geht.

Bei indigenen Völkern gibt es oft Rituale vor der Jagd. Es wird um Erlaubnis gebeten, und nur wenn diese erteilt wird, gehen sie zur Jagd. Gibt es bei dir oder in deinem Umfeld irgendwelche Rituale? Wenn ja, welche? Inwiefern sind diese Rituale wichtig, auf welche Weise bereichern sie den Prozess?

Ich habe meine eigenen Rituale. Wenn ich mein Jagdhorn dabei habe, verblase ich das Tier.
Das mutet immer so komisch an, weil es Blasmusik ist und irgendwie sehr alt wirkt, aber ich geleite damit das Tier zur letzten Ruhe und es ist meine Art, mich zu bedanken.
Wenn ich mein Horn nicht dabei habe, dann nehme ich mir die Zeit und gebe dem Tier den letzten Bissen, knie ein paar Momente hin und meistens vergieße ich ein paar Tränen.
Ja, ich habe es selbst getötet, es war eine bewusste Entscheidung, bei der viel Abwägen dahinter stand.

Der Kopf hat sich für „Ja“ entschieden, das Jagdfieber ist abgeklungen und dann sieht man der Endlichkeit ins Auge.

Außerdem lasse ich das Tier allein sterben. Ich rase nicht wie eine Bekloppte vom Sitz, sondern bleibe so ruhig es geht, sitzen. Das Tier hat den Knall vermutlich nicht mehr gehört, dennoch möchte ich seiner Seele die Zeit geben, den Körper zu verlassen. Auch das ist spirituell, aber dennoch ist es mir wichtig.

Kannst du kurz beschreiben, wie die Jagd in etwa abläuft?

Es gibt ganz unterschiedliche Jagd-Arten, da müsste ich jetzt sehr weit ausholen. Vielleicht beleuchte ich das Thema Drückjagd (auch Treibjagd genannt) einmal genauer, denn das ist das, wo in meinen Augen die größten Missverständnisse entstehen.
Im Herbst, also nachdem die Tiere ihre Jungen bekommen haben und diese auch groß genug sind, um allein zu leben (Ausnahme hier ist das Rotwild), kommt die Zeit der „hohen Jagd“.

Drückjagden sind umstritten, denn in den Augen der Gegner werden die Tiere sinnlos durch den Wald gehetzt, angeschossen und was weiß ich noch alles.

Das Ganze hat aber durchaus seinen Sinn und Zweck, denn in den letzten Jahren hat besonders der Sauenbestand enorm zugenommen, was nachweislich nicht ein Fehler der Jäger ist, sondern einfach den Veränderungen des Habitats und des Klimas geschuldet ist. Drückjagden werden also vornehmlich auf Sau abgehalten und je nach Revier auch auf Fuchs und seltener Reh. Rehe werden eigentlich nur dann auf diese Weise bejagt, wenn die Abschussquote nicht erfüllt wurde. Der Forst legt bei Rehen jährlich eine Abschussquote vor, welche die Jäger erreichen müssen.
Es läuft also wie folgt, als Hundeführerin komme ich morgens, meist sehr verpennt, mit meinem Partner und unseren drei Hunden beim Sammelplatz an. Dann wird die Ansprache durch den Jagdherren gehalten, der genau vorgibt, was geschossen werden darf. Also einfach drauflos rotzen ist nicht.

Jäger die Tiere schießen, welche nicht freigegeben wurden, werden nicht mehr eingeladen, müssen das Tier abkaufen und meist auch noch ordentlich in die Jagdkasse zahlen.

Ich habe dieses Jahr bei 23 Jagden nur drei Jagden erlebt, an denen Rehe freigegeben waren. Dann werden die Jagdscheine und die Schießnachweise der Schützen kontrolliert, die sogenannten Ansteller bringen die Schützen auf ihren Stand, den sie während der ganzen Jagd nicht verlassen dürfen. An den Ständen ist ganz genau eingezeichnet, wohin der Schütze schießen kann und darf. Dort lädt er seine Waffe und harrt der Dinge, die da kommen, möglichst leise natürlich.
Derweil machen wir Hundeführer uns fertig. Unsere Hunde tragen dicke Sauenschutzwesten und GPS-Geräte, wenn sie das Schwarzwild stellen. Oder einfach Signalwesten, wenn sie sich nicht mit Sauen anlegen.

Der Mix der Hunde auf einer Drückjagd macht es aus.
Man braucht hochläufige, wildscharfe Hunde, um verletzte Tiere lange genug binden zu können, um sie abzufangen, aber auch, um die Sauen aus dem Kessel zu jagen. Diese Hunde sollen das Wild möglichst nicht verfolgen, sondern um die Treiber und Hundeführer herum jagen. Sie jagen sie also an und kehren zurück.
Dann sollten möglichst kleine, langsame, laute und weit jagende Hunde dabei sein, denn wenn Wild hochflüchtig ist, kann kein Schütze schießen.

Vor meinem Beagle hat aber kein Wildschwein Angst.

Es wird vor ihr weg traben, wenn sie es jagt und damit relativ gelassen und nicht zu schnell vor den Schützen kommen, der es ansprechen und gegebenenfalls erlegen kann.
Wichtig dabei ist der Laut des Hundes. Wenn der Schütze hört, dass ein Hund näher kommt, kann er sich bereit machen und ist darauf gefasst. Das Gleiche gilt übrigens für Rehe.
Es ist eine ewige Diskussion unter Jägern, welche Hunde am besten für Drückjagden geeignet sind. Nur kleine, oder auch nur große? Das ist meines Erachtens eine Frage des Reviers, aber meistens ist ein Mix das Beste.

Nach der Drückjagdsaison herrscht übrigens in den meisten Revieren Jagdruhe.

Der Abschuss ist erfüllt, der Winter zehrt an den Vorräten des Wildes, deshalb ist danach Schluss mit der Jagd.

Erlegst du jedes Mal ein Tier?

Nein, gerade auf Schwarzwild sitze ich zwischen 60 und 80 Stunden (man hat auf dem Sitz ja Zeit so etwas auszurechnen) bis wieder alle Faktoren stimmen. Rehe könnte ich viel öfter erlegen.

Tue ich aber meist nicht, sondern schaue ihnen zu.

In unserem Revier machen sie keinen Schaden, also habe ich da auch keinen Druck.
Das ist beim Schwarzwild anders, da möchten die Bauern gern, dass wir möglichst die Sauen von den Feldern fernhalten.

(Randnotiz: Liebe Veganer, die Bauern wollen also, dass die Tiere erlegt werden, um die Monokulturen zu schützen, von denen auch ihr euch ernährt. Auch an eurer konventionell angebauten, rein pflanzlichen Nahrung klebt unter anderem deshalb Blut. Das als kleiner Exkurs für alle, die sich für besser halten als Menschen, die z.B. Fleisch aus eigener Jagd essen. )

Sind die Tiere immer sofort tot?

Nein, ich habe auch schon einmal ein Tier verletzt und musste es mit einem Hund nachsuchen lassen.

Das war die schrecklichste Nacht meines Lebens und ich möchte das nie wieder erleben müssen.

Wenn ich gut treffe, sind die Tiere allerdings sofort tot. Durch Nervenzuckungen laufen sie manchmal noch ein paar Meter, aber den Knall haben sie trotzdem nicht mehr gehört.

Was passiert, wenn sie tot sind?

Ich berge das Tier und breche es sofort auf, ich hole also alle Innereien heraus und hänge es im Fell in unsere Kühlkammer. Am nächsten Tag fahre ich es zu unserem Metzger, der es weiterverarbeitet, oder ich lasse es einige Tage hängen, um es dann selbst weiterzuverarbeiten.

Hast du früher Fleisch aus Massentierhaltung gegessen? Wenn ja, bemerkst du gesundheitliche oder andere Unterschiede, seit du das nicht mehr tust?

Ja. Aber ich mag den Geschmack jetzt nicht mehr und ziehe Wild vor. Gesundheitlich merke ich ehrlicherweise nicht viel.

Außer, dass ich weniger oft Migräneanfälle habe, wenn ich einmal so darüber nachdenke.

Gibt es einen Qualitätsverlust, wenn ein Tier bei einer Treibjagd erlegt wurde?

Das weiß ich nicht, da ich nur als Hundeführerin dabei bin und wir in unserem Revier keine Drückjagd machen. Das ergibt nur im Wald Sinn, wenn man auf Sau aus ist. Daher esse ich nie Fleisch aus solcher Jagd. Ich höre da solche und solche Meinungen, aber kann ich es nicht sagen.

Was würdest du dir von der Gesellschaft wünschen?

Ich würde mich darüber freuen, wenn man auch in den „sozialen“ Medien die Argumente eines anderen akzeptieren würde. Ich verstehe jeden Veganer, der sagt, dass er kein fühlendes Tier essen kann. Aber ich finde es im Umkehrschluss nicht richtig, mir zu unterstellen, ich sei eine blutrünstige Mörderin. Denn das bin ich nicht.

Ich könnte noch einige Seiten weiter darüber schreiben, was mir an der Jagd passt und was nicht.

Etwas mehr Verständnis und Nachsicht auf beiden Seiten, das wäre wirklich etwas Feines.