Vier Musketiere im Thurgau

Fast ein Jahr genau nach der letztjährigen Herbstjagd im Thurgau durfte ich wieder einen aussergewöhnlichen schönen Jagd-Tag mit meinen Jagdkameraden in diesem unglaublich rehreichen Revier verleben.

Nach den ersten beiden sehr ruhigen Herbstjagden im heimischen Revier freute ich mich ungemein auf das Wiedersehen mit Jeanette und Thomas sowie deren tollen Jagdhunden... allen voran Eika und die quirlige Pizza Fritta!

Als Rückblick und Vorbereitung zu diesem Bericht habe ich natürlich meinen letztjährigen Bericht gelesen... schöne Erinnerungen wurden dabei wach und ich stellte fest, dass sich an der Gastfreundschaft sowie der tollen Organisation der Revierpächter und -jägern nichts geändert hat! Fast könnte ich den Bericht eins zu eins übernehmen...

Wieder starteten Pino und ich bei tollen Jagdwetter - kalt und trocken - den Tag mit Kaffee und Gipfeli beim Thomas und flachsten über die letzten gemeinsamen Erlebnisse (siehe auch "Flipper!?") bevor es zum eigentlichen Treffpunkt ging.

Auch dort traf ich unter lebhaftem "Hallo" auf lauter bekannte Gesichter, als nach den allgemeinen Instruktionen und der Bildung der Jagdgruppen  auch schon wunderschön von zwei Jägern zur Jagd geblasen wurde... Da haben die beiden aber wohl viel geübt, so gekonnt gaben sie das Stück zum Besten!

Der Martin, der Thomas und ich bildeten für heute eine Jägergruppe und schon ging es los auf den ersten Stand.

Hier erwartete mich einiges an Brombeeren, viel Jungholz sowie jede Menge Fichtenstangen.

Bevor das Treiben überhaupt angeblasen wurde, drückte sich bereits eine Rehgeiss durch das Dickicht in meine Richtung. Da der Wind aber direkt in ihre Richtung zog, bemerkte sie mich sofort und umschlug mich in einem grossen Bogen.

"Puuhh... das geht aber schon gut los!" dachte ich.


Die Hörner erklangen und gleich ging es los mit dem "Hoi, Hoi, Hoi!" der Treiber und dem Geläut der Hunde!

Aufmerksam beobachtete ich die Umgebung, um ja keine Bewegung zu verpassen... und doch gewahrte ich erst spät ein Reh, dass plötzlich keine fünf Meter vor mir stand und sich mit hoch aufgerichtetem Träger auch gleich hinlegte!!

Problemlos konnte ich das Stück dabei beobachten wie sich ihre Lauscher in alle Richtungen bewegten und sie die Lage sondierte. Da das Reh unverletzt war und lag, kam für mich ein Schuss in dieser Situation und Distanz überhaupt nicht in Frage.

Es lag keine zwei Minuten da, als es ihr Haupt hochwarf und gespannt zurück in das Dickicht blickte...

Hunde konnten es nicht sein, denn ich hatte weder Geräusche noch Hundegeläut vernommen.

Da sah ich auch schon eine Rehgeiss, die sich langsam durch das Dickicht in die Richtung von mir und dem liegenden Reh drückte.

Ich spannte meine Bockbüchsflinte und brachte sie langsam auf das kommende Reh in Anschlag. Sie schritt aus dem Dickicht, stand frei und ich liess die Schrote fliegen!

Sie fiel gleich im Knall und bewegte sich nicht mehr.

Gleichzeitig kam das liegende Reh hoch und flüchtete nach rechts weg in den Fichtenwald.

Keine 10 Sekunden später erblickte ich zwei weitere Rehe im Dickicht, die zunächst stehen blieben, kurz darauf aber ebenfalls nach rechts weg wichen.

Wieder konnte ich kaum fassen, was hier alles los war! Bereits fünf Rehe im Anblick gehabt und das Treiben war kaum zur Hälfte rum...


Um mich rum vernahm ich weiterhin das Geläut der Jagdhunde, jedoch entfernte sich die Laute für eine Weile  von mir weg. Doch plötzlich drehte das Geläut zu mir und da sah ich auch bereits im gegenüberliegenden Hang ein Reh durch die Büsche brechen...

Ein braver Rehbock sprang daher!

Und dahinter folgten doch tatsächlich gleich drei weitere Tiere... eine Rehgeiss und ihre beiden Kitze!

Kurz verschwanden sie aus meinem Blick, ich entsicherte mein Gewehr, legte an und wartete ob sie in meine Richtung kämen...

Da sprangen sie auch schon durch das Dickicht... schön hintereinander...

- praktisch direkt auf mich zu!!

Keine fünf Meter von mir entfernt sprangen sie über das trockene Bachbett an mir vorbei... ihnen mit meinem Blick folgend sah ich, dass sie sich trennten. Geiss und Kitze sprangen nach links zum Stangengehölz und der Rehbock nach rechts zu mir...

und blieb keine 4 Meter vor mir stehen!!!

Was für ein Anblick!

Bocksteif stand er da, den Blick an mir vorbei auf den noch weit entfernten Jagdhund gerichtet. Die Flanken hoben und senkten sich leicht, er machte dabei aber einen sehr guten Eindruck.

Aus den Augenwinkeln sah ich, dass die anderen drei Rehe zwischen den Fichten ebenfalls stehen geblieben waren, doch ich wagte keine Bewegung und sah nur den Rehbock an... die Zeit schien für einen Moment still zu stehen...

Doch schon wurde das Geläut lauter und der Jagdhund kam näher... hob diesen besonderen Moment auf, da die Geiss sich mit den Kitzen nach links wegdrückte und der Rehbock nach rechts zum Waldrand absprang.

Ich fuhr ihm zwar mit der Büchse nach, da er mir jedoch nur noch seinen Spiegel zeigte, war ein Schuss auf jeden Fall zu unterlassen.

Wow, fürs erste musste ich das mal sacken lassen... Was für ein Erlebnis!

Schon bald wurde zum Ende des Treibens geblasen und ich barg die erlegte Rehgeiss.

Nach dem zweiten Treiben, der für mich ohne Anblick endete, folgte der Aser mit einem sehr köstlichen Kartoffelsalat und Schinken am wärmenden Feuer.

Bereits nach den ersten beiden Durchgängen lagen sechs Rehe und zwei Füchse auf der stolzen Strecke!

Am Nachmittag hatte ich nur noch im vierten und letzten Treiben eine Geiss mit Kitz in Anblick. Die beiden waren zwar in Schussdistanz, aber viel zu nahe beieinander. Hier einen Schrotschuss anbringen zu wollen, wäre unverantwortlich gewesen!

Bei den Mitjägern war dafür einiges mehr los und fünf weitere Rehe konnten auf die Strecke gelegt werden.


Toll, wie diszipliniert von allen Jägern gejagt wurde - alle Rehe und Füchse lagen mit sauberen Treffern, so dass keine Nachsuche nötig war.

Ein herrlicher Jagdtag ging somit mit den wunderbaren Klängen der beiden Jagdbläser zu Ende. Elf Rehe und zwei Füchse konnten verblasen werden. 

Vor dem Schüsseltreiben halfen wir - der Martin, der Pino und ich - dem Thomas beim Versorgen der erlegten Rehe im Wildkühler... liessen den Tag nochmal Revue passieren und irgendwie musste ich beim Anblick von uns vieren unwillkürlich an die vier Musketiere denken!

Waidmannsdank an dieser Stelle allen Beteiligten für diesen tollen Jagdtag unter Gleichgesinnten der mir lange in Erinnerung bleiben wird.

So soll Jagd sein und so macht Jagd Freude!

Mit herzlichen Waidmannsgrüssen, Delfin