Erste Hilfe bei Jagdhund und Jäger

© Story by  Laika goes hunting

Dinge, die unbequem sind, verdrängt man gerne. Das geht auch mit unbequemen Situationen so. Man möchte ja nichts heraufbeschwören und beschäftigt sich lieber nicht damit. Doch in diesem Fall kann es Leben retten, wenn man sich hin und wieder damit auseinandersetzt.

 

Wir haben im letzten Herbst einen jungen Jagdhund verloren. Er wurde auf einer kleinen Waldstrasse überfahren und liegengelassen. Das Ereignis hat unsere Jagdgruppe traumatisiert und wir wollten die Jagdsaison abbrechen. Ich habe viel nachgedacht und mir darüber Gedanken gemacht, wie handeln, wenn ein Hund oder Mensch sich verletzt. 

Das letzte Jagdjahr war geprägt von einigen einschneidenden Momenten und ein paar unvergesslichen Jagderlebnissen. Da war der erfolgreiche Kurztripp auf Sommerbock im Elsass am Tag der Grenzöffnung. Erst im September gab es stunden- ja tagelanges Ansitzen auf Rotwild – ohne jeglichen Anblick. Die eher zufällig erfolgreiche Gamsjagd, allerdings mit nur einem erlegten Tier, das erst noch halbblind war – die Niederjagd mit meiner tollen Jagdgruppe – überschattet durch ein tragisches Ereignis – und als Weihnachtsgeschenk  ein erfolgreicher Ausflug ins Elsässer Revier mit Ansitz und Drückjagd. Das wars dann auch schon. Man blieb alleine oder unter sich. Viele Drückjagden wurden bereits im Vorfeld wieder abgesagt und das Gesellschaftliche fand sehr eingeschränkt statt.

 

Das tragische Ereignis auf der Niederjagd hat mich lange beschäftigt. Der Jungspund-Jagdhunde-Nachwuchs-Kampfschmuser meiner Tochter wurde auf einer kleinen Waldstrasse überfahren und einfach liegengelassen. Wir waren völlig traumatisiert und wollten die Jagdsaison abbrechen. Aber unseren Hunden zuliebe haben wir bis Mitte November weitergejagt – die Angst um unsere Vierbeiner sass uns allerdings immer im Nacken. Dieses Ereignis hat mich dann auch dazu bewogen, einen Artikel über Erste Hilfe beim Jagdhund zu verfassen.

 

Bisher hatten meine Hunde nur kleine Unfälle. Nadel und Faden und anschliessend Kragen oder Body haben es gerichtet. Ab und zu mal ein Röntgen, um auch das Hundeinnere zu prüfen. Oder eine Spritze für - und danach eine gegen das Erbrechen.

Doch was passiert im richtigen Notfall?

Wenn sich der Hund draussen verletzt, kein Auto, kein Tierarzt, vielleicht keine Helfer in der Nähe sind?

Über diese Fragen habe ich mir ganz viele Gedanken gemacht und im Internet recherchiert. Die Informationen sind unendlich – ich war völlig erschlagen. Alleine das Zusammentragen von Fakten hat mir schon viel Sicherheit gegeben, wie ich im Notfall zu reagieren hätte. Unter Mithilfe einer jagenden Tierärztin kam eine ganze Liste mit möglichen Ereignissen zusammen. Ereignisse, die auf der Jagd aber auch im übrigen Hundealltag eintreffen könnten.

 

Doch ein Text braucht auch Bilder. Meine alte Wachteline liess sich widerstandlos immer wieder mittels Maulschlinge verknoten und wieder befreien – bis wir die Bilder im Kasten hatten. Die Beinschiene fand sie auch ok, da sie dazu liegen konnte und Gudis bekam. Mein Tipp: übt  das Anlegen einer Maulschlinge bereits mit dem jungen Hund. Eine verletzte “Wildsau” lässt sich unmöglich alleine fesseln.

 

Tierärzte und kynologische Vereine bieten Erste Hilfe Kurse an. Beschäftigt euch mit dem Thema, informiert euch. Ihr seid es euren vierbeinigen Kameraden schuldig!

 

Wenn man sich mit Erster Hilfe am Hund beschäftigt, kommt unweigerlich die Frage auf, was passiert, wenn ein Jagdkamerad Hilfe braucht.

 

Unfälle sind bei Hund und Jäger wohl dieselben. Beim Jäger kommt nebst Krankheiten noch das Herz dazu. Dem Jäger kann ganz anders geholfen werden, denn er kann uns vielleicht sogar sagen, was passiert ist und was und wo es ihm weh tut. Das kann der Hund nicht. Für Menschen stehen viele Mittel zur Verfügung und die Einsatzteams werden alles menschenmögliche tun, um Leben zu retten. Da wo ein Hund mit einem gebrochenen Bein mühsam aus dem Graben geborgen werden muss, wird der Jäger Erstversorgt und dann durch die Rega abgeholt. Sanitäter kümmern sich um Menschen, nicht um Tiere.

 

Beate, eine engagierte Samariterin und Jägerin, organisiert Erste Hilfe Kurse – unter anderem speziell für Jäger. Spontan habe ich meinen Partner und mich angemeldet. Dank erfolgter Lockerungen konnte der Kurs dann auch durchgeführt werden, mit geringerer Teilnehmerzahl allerdings. Ich erinnere mich, wie ich mit 17 mit 200 andern Schülern in der Aula sass und man uns gezeigt hat, wie man das Phantom beatmet und reanimiert. Wir haben grinsend zugeschaut, durften nicht selber probieren. Nachdem wir mit dem Dreiecktuch Armschlingen anlegen mussten - natürlich sehr konzentriert als pubertierender Haufen Gymnasiasten - hatten wir den Nothelferausweis im Sack. Vielleicht waren wir auch 14 und es war für die Töffliprüfung. Auf jeden Fall ist es ewig her und da ich weder im Militär noch in der Feuerwehr war, habe ich mich seitdem kaum mehr damit beschäftigt. Bei der Jagdausbildung wurde es vielleicht gestreift, der Jagdschützenmeisterkurs war eher auf Unfallverhütung ausgerichtet.

 

Ich habe mich intensive mit dem Thema Erste Hilfe auseinandergesetzt. Ich weiss jetzt, wie ein Defibrillator funktioniert (vergesst alles, was ihr im Fernsehen gesehen habt) und wie ich jemanden reanimieren muss. Da komme ich allerdings schon an meine Grenzen. Erst die Arbeit am Phantom hat mir gezeigt, wie stark und tief ich den Brustkorb runterdrücken muss und wie oft. Das ist nicht einfach so ein bisschen Drücken, ein paar Mal. Da ist brutal viel mehr dahinter und ich habe grössten Respekt davor, das einmal anwenden zu müssen. Aber ich habe jetzt auch die Gewissheit, dass ich weiss, was ich tun müsste. 

 

Beschäftigt euch damit. Fangt mit der Notfallapotheke und einem Gespräch mit den Jagdkameraden an. Informiert euch, wo der nächste Defibrillator hängt, da wo ihr immer jagen geht. Schützt euch und eure Hunde mit Signalfarben, verwendet Ortungsgeräte und Signal- oder gar Schutzwesten. Und wenn ihr alleine unterwegs seid, sollte jemand eure Pläne kennen.

 

Denkt daran! Vielleicht musst nicht du Erste Hilfe leisten – vielleicht brauchst du sie selber!

 

Die entsprechenden Beiträge findet ihr in den nächsten Ausgaben des Schweizer Jäger.

 

Danke Yvonne und Beate für die fachliche Unterstützung.

Auskunft über 1. Hilfe Kurse für Jagdgruppen, Jagdvereine, Pächtervereinigungen etc. bei beate@kiewel-online.ch